Hintergründe
Auf dem Changthang-Hochplateau leben die Nomaden mit ihren Herden auf einer Höhe zwischen 4500 - 5000 Metern. Mit ihren Ziegen-, Schaf- und Yakherden durchstreifen sie das Hochplateau. Die Nomaden produzieren eine exzellente Qualität an Paschmina- und Kaschmirwolle, die nur in diesen Höhenlagen erzielt werden kann. Die Einkünfte aus dem Wollhandel ist ihre zentrale Lebensgrundlage.
Pro Jahr wechseln die Nomaden 7 - 8 Mal ihre Lagerplätze auf der Suche nach Gras für die Tiere. Im Winter sind die über 5000 Meter hohen Pässe nach Kharnak wegen Schneefall unpassierbar. Die Nomaden sind während 6 - 7 Monaten von der Aussenwelt abgeschnitten und auf sich alleine gestellt. Es ist ein einfaches hartes Leben, wie wir es uns kaum mehr vorstellen können. Die Nomaden leben in einfachen Zelten, gekocht und geheizt wird mit Yakdung. Trotz Minustemperaturen von bis zu 40 Grad sind z.B. Handschuhe für Kinder noch keine Selbstverständlichkeit.
Ursachen der Abwanderung
Für die Migration in die Stadt Leh gibt es verschiedene Ursachen:
- Die Winter sind hart und die Stadt lockt mit einem vermeintlich einfacheren Leben.
- Die Klimaerwärmung hat die Gletscher stark zurückgehen lassen und das Wasser wird knapper. Dies wirkt sich auch auf die Weidegründe aus.
- Aber ein wichtiger Grund ist die fehlende Schule.
Gute Schulen gibt es nur im Hauptort. Wenn Eltern sich dafür entscheiden, dass ihre Kinder die Schule besuchen, sind sie dazu gezwungen ihre Kinder im Alter von ca. 5 Jahren nach Leh in eine Internatsschule zu schicken. Die Kinder sind dann nur noch selten in Kharnak und kennen das Nomadenleben kaum. Im Winter, während der Schulferien, haben die Kinder keine Möglichkeit ihre Familien zu erreichen, da die Pässe zugeschneit sind. So bleiben die Kinder das ganze Jahr über in Leh und haben kaum noch Kontakt zu ihren Familien, Eltern und Geschwister.
Aber nicht nur die Entfremdung zur eigenen Familie ist problematisch. Den Kindern geht auch die Fähigkeit und das Wissen für das karge harte Leben als Nomaden in den Bergen verloren. Profunde Kenntnisse über Pflege, Haltung und Zucht der Tiere, über das Wetter oder Futterplätze, den Umgang mit Krankheiten, Handwerk, etc. sind dort überlebenswichtig. Eine Rückkehr nach dem Schulabschluss ist kaum noch möglich.
Hinzu kommt, dass den Familien die Kinder als wichtige Arbeitskraft fehlen (z.B. wenn morgens und abends gemolken wird). Fehlen die Kinder, bleibt den Familien oft nichts anderes übrig, als die Herden zu verkaufen und auch nach Leh zu ziehen.
Die meisten Nomaden können heute aber weder lesen und schreiben noch sprechen sie eine andere Sprache als ihren Dialekt. So haben sie kaum Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Als Handlanger können sie ab und zu im Sommer etwas Geld verdienen. Die bekannten Probleme der Landflucht wie "Verslumung", Armut etc. sind mittelfristig unabwendbar.